Zuchtwertschätzung
Tiere vererben sich nicht immer so, wie sie aussehen, der Phänotyp entspricht also nicht dem Genotyp. Das bedeutet, dass ein gesunder Hund nicht immer nur gesunde Nachkommen hat und aus zwei Champions nicht nur Champions hervorgehen.
Die Vererbung der Zuchttiere kann also anders sein, als deren Eigenleistung.
Leider beruhen viele Zuchtvorschriften immer noch auf die Eigenleistungen der Tiere und nicht darauf, was sie wahrscheinlich vererben werden. So ist z.B. ein Hund, der aus einem Wurf HD-freier Tiere stammt, oftmals höher einzustufen, als ein Hund, der in der Eigenleistung (Röntgenuntersuchung) ein besseres Ergebnis hat, jedoch Geschwister mit leichter oder mittlerer HD hat.
Die Zuchtwertschätzung soll dabei helfen, alle Informationen zu einem Hund und dessen gesamtem Vorfahren, des weiteren alle Informationen, der bisherigen Nachkommen, der Nachkommen der Geschwister, der Geschwister der Eltern usw. zu bündeln und zwar über so viele Generationen, wie Aufzeichnungen geführt werden. Dieser daraus ermittelte Zahlenwert bietet dann den aussagefähigen Zuchtwert zu einem Merkmal und kann durch eine passende Deckpartnerwahl (mit dazu passendem Zuchtwert) helfen, Risikoverpaarungen zu vermeiden.
Der Zuchtwert setzt sich zusammen aus:
- Geschätzter Zuchtwert der Elterntiere
- Nachkommen aus früheren Würfen der Elterntiere
- Eigenleistung des betreffenden Tieres
- Geschwister des betreffenden Tieres
- Nachkommen des betreffenden Tieres
Definition des Zuchtwertes
Der Züchter braucht eine Zahl, die besagt, wie ausgeprägt bestimmte Merkmale in der Nachzucht voraussichtlich auftreten werden. Diese Zahl wird Zuchtwert genannt. Es gibt also neben einem phänotypischen Messwert, der Eigenleistung des Tieres (z.B. HD-Grade, A1, A2, B1, B2, C1, C2, D1, D2, E1, E2 /Ergebnis der Röntgenuntersuchung) auch den genetischen Zuchtwert.
Der Zuchtwert ist also ein Zahlenwert mit einer bestimmten Aussage: Wirken die Gene für ein bestimmtes Merkmal verstärkend oder abschwächend? Bei Krankheiten zeigen hohe Zuchtwerte eine Verstärkung der Krankheitsanlage an, was natürlich als unerwünscht anzusehen ist. Das Ziel jedes Züchters ist es, Zuchttiere einzusetzen, deren Nachkommen eine verminderte Krankheitsanfälligkeit zeigen. Eine tiefe Zahl, also ein tiefer Zuchtwert, ist in diesem Fall wertvoll.
Zuchtwerte werden als relative Zahlen, im Vergleich zu dem Rassedurchschnitt verstanden. Die Zahl 100 steht für das rassetypische Niveau. Hunde mit Werten über 100 verstärken, Hunde unter 100 reduzieren ein Merkmal. Wenn also ein Hund für HD den Zuchtwert 90 hat weiß man, dass er die Rasse bezüglich dieses Merkmals verbessern kann, ein Hund mit 110 würde die HD Problematik verstärken.
Bei der Deckpartnerwahl muss deshalb der Zuchtwert beider Deckpartner als wichtigstes Indiz gesehen werden, denn für die Vererbung ist der Zuchtwert wesentlich aussagekräftiger als nur die Klassifizierung der HD-Grade (Röntgenergebnis: A1, A2, B1 usw.) des einzelnen Deckpartners.
Die Deckpartnerwahl für eine geplante Verpaarung sollte deshalb so gewählt werden, dass z.B. die Summe beider HD-Zuchtwerte der Deckpartner geteilt durch zwei unter 100 liegt.
< 100 = Verbesserung der Zucht (HD, ED)
> 100 = Verschlechterung der Zucht (HD, ED)
Yella liegt mit ihrem Zuchtwert für HD bei 99 .
Es gibt viele Hunde, die ebenfalls eine A1- oder A2-Hüfte haben, aber dafür haben sie dann trotz der guten Eigenleistung (HD- A1 oder A2) einen höheren Zuchtwert bei HD, sie bringen also trotz der guten Eigenleistung schlechtere Gene im Hinblick auf HD mit.
Bei ausländischen Rüden, die noch keine Nachkommen innerhalb der geführten Statistik haben, wird der HD-Wert automatisch auf 100 gesetzt.
Zuchtwertermittlung
Die Elterntiere vererben jeweils die Hälfte ihrer Gene an die Welpen. Die Wirkung dieser Gene wird durch den Zuchtwert beschrieben. Der geschätzte Zuchtwert der Welpen ist demzufolge 1/2 Vater-Zuchtwert plus 1/2 Mutter-Zuchtwert. Je besser die Zuchtwerte der Eltern sind, umso besser ist der wahrscheinliche Zuchtwert der Nachkommen.
Alle Welpen eines Wurfes haben dieselben Eltern. Da aber nicht jeder Welpe dieselben Hälften aus dem väterlichen und mütterlichen Genom erhält, unterscheiden sich Vollgeschwister teilweise genetisch stark. Ob nun ein Einzeltier mehr positive oder negative Gene erhalten hat, kann nur durch Messung der Eigenleistung abgeschätzt werden, also im Fall von HD, wenn die Tiere auf HD geröntgt werden. Diese Eigenleistung ergänzt die aus der Abstammung vorliegenden Erkenntnisse. Je nach Erblichkeit des Merkmals kann dieser Eigenwert den Zuchtwert mehr oder weniger deutlich beeinflussen.
Werden Vollgeschwister eines Tieres untersucht, ergänzen diese Aussagen den Zuchtwert eines Tieres, aber auch denjenigen seiner Eltern. Zuchtwerte können sich also nach der Eigenbewertung dauernd verändern, auch wenn ein Hund selbst nicht in der Zucht eingesetzt wird.
Wenn der Hund in die Zucht kommt, werden mit der Zeit auch seine Nachkommen geprüft. Mit jedem geprüften Nachkommen steigt das Wissen über seinen Zuchtwert. Die Schätzwerte pendeln sich auf das Niveau des wahren Zuchtwertes ein.
Zusammenfassung
Der Zuchtwert ist eine veränderbare Größe, je mehr Daten man zur Verfügung hat, desto genauer kann ein Zuchtwert geschätzt werden und desto besser weiß man über die zu erwartenden Eigenschaften der Welpen Bescheid.
Es liegt also im Interesse jedes Züchters, so viele Tiere wie möglich untersuchen zu lassen und so mehr Erkenntnisse über die genetische Veranlagung seiner Tiere zu gewinnen.
Deshalb ist es so wichtig, dass auch unsere zukünftigen Welpen im Alter von etwas über einem Jahr geröntgt werden und die HD-und ED-Ergebnisse offen gelegt werden.
Die Zuchtwert-Schätzung kann nicht den Anspruch erheben, die Wahrheit über "die Gene" zu dokumentieren. Sie gibt aber Hinweise, wo gute oder ungünstige Gene sein könnten. Der Züchter kann mit den Zuchtwerten versuchen, die Schwächen eines Tieres auszugleichen, indem er eine geeignete Deckpartnerwahl vorsieht.
Wie der Zuchtwert im Genauen berechnet wird, ist nicht relevant. Alle vorhandenen Daten fließen in den Zuchtwert ein. Die Daten werden durch spezialisierte Statistiker und leistungsfähige Computer errechnet.
Für den Züchter relevant ist die Zuchtwertzahl jedes Tieres. Diese Zahl hilft Paarungen so zu planen, dass die zu erwartenden Welpen einen möglichst guten Wert aufweisen. Dadurch kann eine effektive Verbesserung der Rasse bezüglich der in die Zuchtwert-Schätzung einbezogenen Merkmale erreicht werden.